Wie der Mandela-Effekt seinen Namen erhielt
Der Begriff Mandela-Effekt wurde von der Autorin und Forscherin Fiona Broome 1 geprägt. Sie stellte fest, dass eine große Anzahl von Menschen felsenfest davon überzeugt war, dass Nelson Mandela bereits in den 1980er Jahren im Gefängnis gestorben sei. Manche erinnerten sich sogar an Berichte über seine Beerdigung und weltweite Trauerbekundungen.
In Wirklichkeit wurde Nelson Mandela 1990 aus der Haft entlassen und lebte noch bis zum Jahr 2013. Diese Diskrepanz führte dazu, dass Forscher begannen, sich intensiver mit dem Phänomen und der Psychologie dahinter zu beschäftigen. Dabei stellte sich heraus, dass es zahlreiche ähnliche Beispiele gibt. 2 ”
© Zeit Online/YouTube
Bekannte Beispiele für den Mandela-Effekt
1. Monopoly-Mann mit Monokel
Viele Menschen glauben, dass die bekannte Figur aus dem Brettspiel „Monopoly“, Rich Uncle Pennybags, ein Monokel trägt. Tatsächlich hatte er aber nie eines. Diese falsche Erinnerung könnte durch das stereotype Bild von reichen Geschäftsleuten mit Monokeln entstanden sein.
2. Pikachus Schwanz
Ein verbreitetes Missverständnis ist, dass Pikachu aus der Anime-Serie Pokémon eine schwarze Spitze am Ende seines Schwanzes hat. In Wahrheit ist sein Schwanz vollständig gelb. Die Verwechslung könnte darauf zurückzuführen sein, dass Pikachu schwarze Spitzen an den Ohren hat, was unser Gehirn möglicherweise auf den Schwanz überträgt.3

3. Das Spiegel, Spiegel Zitat
In Disneys Schneewittchen aus dem Jahr 1937 erinnern sich die Zuschauer an die Zeile: „Spiegel, Spiegel an der Wand“. Die richtige Zeile lautet jedoch: „Magischer Spiegel an der Wand.“ Die falsche Erinnerung stammt wahrscheinlich daher, dass das Zitat in anderen Schneewittchen-Erzählungen tatsächlich „Spiegel, Spiegel an der Wand“ lautet.
4. Das Looney Tunes Missverständnis
Ein weit verbreiteter Glaubenssatz ist, dass die Zeichentrickserie „Looney Toons“ heißt. Tatsächlich lautet der korrekte Name „Looney Tunes“. Der Fehler könnte darauf beruhen, dass „Toons“ als Abkürzung für „Cartoons“ sinnvoller erscheint als „Tunes“, das sich auf Musik bezieht.
5. KitKat ohne Bindestrich
Bei so einigen sitzt fest im Mindset, dass die Schokoladenmarke „KitKat“ mit einem Bindestrich geschrieben wird, also „Kit-Kat“. Tatsächlich gab es jedoch nie einen Bindestrich im offiziellen Logo. Möglicherweise entsteht diese falsche Erinnerung durch ähnliche Marken mit Bindestrichen.
6. „Luke, ich bin dein Vater“
Bekannterweise sagt Darth Vader in Star Wars: Das Imperium schlägt zurück: „Luke, ich bin dein Vater“. Oder? Tatsächlich lautet das Zitat: „Nein, ich bin dein Vater.“ Die falsche Erinnerung wurde durch zahlreiche Parodien, Nachahmungen und Zitierungen in der Popkultur verstärkt.4 ”
© Walt Disney Company | Lucasfilm, YouTube von TIUG2009
Erklärungen für den Mandela-Effekt
Fehlende oder verzerrte Erinnerungen
Unser Gehirn speichert Erinnerungen nicht wie eine Kamera, sondern rekonstruiert sie aus verschiedenen Sinneseindrücken und früheren Erfahrungen. Dabei kann es zu Verzerrungen kommen. Neue Informationen, Erwartungen oder Emotionen verändern eine Erinnerung möglicherweise im Nachhinein, ohne dass uns das bewusst ist. Dies erklärt, warum wir manchmal an Dinge glauben, die nie passiert sind.
Konfabulation
Wenn unser Gehirn eine Erinnerungslücke hat, versucht es, diese zu füllen – oft mit plausiblen, aber falschen Informationen. Dieses Phänomen nennt sich Konfabulation. Besonders deutlich wird es bei Menschen mit Gedächtnisstörungen, aber auch gesunde Personen erleben es. Unser Verstand ergänzt fehlende Details auf Grundlage früherer Erfahrungen, sodass wir eine kohärente, aber möglicherweise falsche Erinnerung haben.
Soziale Beeinflussung
Menschen neigen dazu, sich an der Mehrheit zu orientieren – das gilt auch für Erinnerungen. Wenn wir oft genug hören, dass eine bestimmte Version der Vergangenheit wahr ist, akzeptieren wir sie möglicherweise als Realität, selbst wenn wir sie ursprünglich anders in Erinnerung hatten. Dieses Phänomen wird auch als kollektive falsche Erinnerung bezeichnet und spielt eine große Rolle bei der Verbreitung des Mandela-Effekts.
Multiversum-Theorie
Kein Fakt, aber dennoch interessant zu erwähnen: Die Multiversum-Theorie besagt, dass der Mandela-Effekt durch parallele Realitäten verursacht wird. Demnach könnten unsere Erinnerungen von einer alternativen Realität stammen, in der die Dinge tatsächlich anders waren. Während es keine wissenschaftlichen Beweise für diese Hypothese gibt, fasziniert sie dennoch viele Menschen, da sie eine mystische und spannende Erklärung für das Phänomen bietet.
Fehlerhafte Quellen und fehlerhafte Berichterstattung
Falschinformationen in Medien, Büchern oder Online können sich schnell verbreiten. Wenn hunderte, tausende oder Millionen von Menschen dieselbe falsche Information lesen oder hören, übernehmen sie diese oft als Wahrheit, ohne sie zu überprüfen. Besonders in der heutigen Zeit mit Social Media werden Fehler viel leichter vervielfacht.
Falsche Assoziationen und Mustererkennung
Unser Gehirn erkennt bekannte Muster und Strukturen – auch wenn sie nicht existieren. Wenn zwei Dinge sich ähnlich sehen oder klingen, kann es sein, dass unser Gehirn sie miteinander verknüpft. Zum Beispiel könnte die Verwechslung von Looney Tunes mit Looney Toons darauf beruhen, dass „Toons“ (für „Cartoons“) für viele logischer erscheint als „Tunes“ (Musik).
Suggestion durch Sprache und Wiederholung
Wenn uns eine Information oft genug erzählt wird, beginnen wir, sie zu glauben – selbst wenn sie falsch ist. Dies passiert oft in Gruppen oder durch populäre Medien. Ein berühmtes Beispiel sind falsche Filmzitate: Wenn viele Leute „Luke, ich bin dein Vater“ sagen, erscheint es mit der Zeit als die richtige Version, obwohl es im Film anders gesagt wird.
Veränderte Kindheitserinnerungen
Viele Beispiele des Mandela-Effekts stammen aus der Kindheit, z. B. Pikachus Schwanz. Kindheitserinnerungen sind oft ungenau, weil das Gehirn sich im Wachstum befindet und viele Details nachträglich ergänzt oder anpasst. Dazu kommt, dass wir oft unbewusst Erinnerungen aus Büchern, Filmen oder Gesprächen in unser eigenes Gedächtnis einfügen.
Kognitive Dissonanz
Wenn eine Erinnerung nicht mit der Realität übereinstimmt, kann das zu einem unangenehmen Gefühl der Verwirrung führen – kognitive Dissonanz. Um dieses Gefühl zu vermeiden, neigt unser Gehirn dazu, die falsche Erinnerung zu verteidigen oder zu rationalisieren. Das führt dazu, dass Menschen hartnäckig an falschen Erinnerungen festhalten, selbst wenn Beweise das Gegenteil zeigen.
Fazit
Der Mandela-Effekt zeigt, wie unzuverlässig unser Gedächtnis sein kann und wie stark Erinnerungen durch äußere Einflüsse verändert werden können. Während wissenschaftliche Erklärungen wie fehlerhafte Erinnerungen, Konfabulation und soziale Beeinflussung plausible Gründe liefern, bleibt die Multiversum-Theorie eine spannende Spekulation. Egal, welcher Erklärung du glaubst – der Mandela-Effekt bleibt ein faszinierendes Rätsel unseres Bewusstseins.
Quellen
1 Fiona Broome:The Mandela Effect: a history: the first discoveries and what people said, 2023, amazon.de (abgerufen am 10.03.2025).
2 Zeit Online:Wie vertrauenswürdig sind die eigenen Erinnerungen? Der Mandela-Effekt erklärt #shorts, 2023, https://www.youtube.com/@zeitonline (abgerufen am 17.03.2025).
3 Pokemon Hay GIF, 2013, giphy.com (abgerufen am 17.03.2025).
4 Ich bin dein Vater! | Star Wars Episode 5 (Das Imperium schlägt zurück(Deutsch)), 2023, (abgerufen am 17.03.2025).